Brandschutz im Altbau und in denkmalgeschützten Gebäuden

Zuletzt aktualisiert am: 08.07.2024

Brandschutz im Altbau
Brandschutz im Altbau - Altbauten und Baudenkmäler prägen das Bild schöner Altstädte

Was haben die Städte Weimar, Quedlinburg und Coburg gemeinsam? In diesen Städten brannte in den letzten Jahren die Altstadt, wobei historische Gebäude zerstört wurden, die für das Stadtbild prägend waren.

  • Im September 2004 zerstörte ein Feuer die berühmte Herzogin Anna-Amalia Bibliothek in Weimar. Rund 50.000 Bücher und 35 Gemälde wurden vernichtet, die Restauration der 62.000 beschädigten Kulturgüter wird vermutlich noch bis zum Jahr 2015 andauern.
  • In Quedlinburg brannte die aus 1300 Fachwerkhäusern bestehende Altstadt im Jahr 2011 gleich zwei Mal. Fünf Fachwerkhäuser wurden dabei völlig zerstört und zwei Weitere beschädigt. Verletzt wurde niemand.
  • Coburg kam im Mai 2012 nicht so glimpflich davon. Im Dachstuhl eines historischen Gebäudes brach ein Feuer aus, woraufhin der Dachstuhl niederbrannte und sieben weitere Fachwerkhäuser schwer beschädigt wurden. 13 Menschen mussten mit Verletzungen ins Krankenhaus.

Beispiele als Warnung

Diese Beispiele zeigen, mit welchen Gefahren es Städte mit historischer Altstadt sowie Eigentümer und Bewohner von Altbauten und denkmalgeschützten Gebäuden zu tun haben. Ein vernünftiges Brandschutzkonzept lässt sich meistens bei älteren Gebäuden nur schwer verwirklichen und so wohnt die Gefahr eines Brandes immer mit. Welche Probleme es beim Brandschutz im Altbau und in denkmalgeschützten Gebäuden gibt und wie man diese lösen kann, erfahren Sie hier.

Altbauten und denkmalgeschützte Objekte sind bei Mietern und Eigentümern sehr begehrt, denn sie versprechen eine hohe Wohnqualität und somit auch eine hohe Nachfrage. Vermieter von liebevoll renovierten Altbauten haben damit kaum Leerstand zu befürchten und können mit höheren Mieteinnahmen rechnen. Der Charme dieser Gebäude wirkt sich aber nicht nur auf die Bewohner aus.

Städte mit einer schönen Altstadt sind Besuchermagneten. Das Interesse liegt demnach darin, das Antlitz der historischen Innenstädte zu erhalten und so wenig wie möglich zu verändern. Massive Brandschutzwände und Fluchttreppen aus Stahl passen da nur schlecht ins Bild. Brandschutz im Altbau und in denkmalgeschützten Gebäuden muss daher nicht nur effektiv sein, sondern auch dezent. Brandschutz und Bestandsschutz kollidieren daher oftmals.

Brandschutz versus Bestandsschutz

Rechtliche Vorschriften zu vorbeugendem Brandschutz,

  • welcher baulichen Brandschutz,
  • anlagentechnischen Brandschutz und
  • organisatorischen Brandschutz umfasst,

betreffen immer Neubauten. Für Altbauten gibt es keine einheitlichen gesetzlichen Regelungen bezüglich Brandschutz, denn diese unterliegen in der Regel dem baurechtlichen Bestandsschutz. Dies bedeutet, dass ein Gebäude grundsätzlich nur den gesetzlichen Vorschriften unterliegt, die zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Baus galten.

Nachträgliche staatliche Anforderungen – auch im Bereich des Brandschutzes – müssen demnach nicht immer umgesetzt werden. Der Bestandsschutz verfällt allerdings bei umfassenden Umbauten, Renovierungen und Umnutzung des Gebäudes. In diesen Fällen wird immer auch das Brandschutzkonzept des Objektes unter die Lupe genommen und muss gegebenenfalls an aktuelle Rechtsnormen angepasst werden.

Der Bestandsschutz verfällt ebenso, wenn für die Sicherheit von Menschenleben Veränderungen am Gebäude nötig sind oder wenn es der Gesetzgeber ausdrücklich verlangt. Die Entscheidung darüber ist so gut wie immer eine Einzelfallentscheidung. Ein Beispiel hierfür ist die Rauchmelderpflicht in Deutschland, die in den jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) der Bundesländer festgeschrieben ist und in den meisten Fällen das Nachrüsten der Melder bis zum Ende einer bestimmten Übergangsfrist fordert.

Gefahrenquellen im Altbau

Bei älteren Häusern wurden meistens nur wenige Vorkehrungen zur Brandprävention getroffen und häufig Baumaterialien verwendet, die das Ausbreiten eines Feuers noch beschleunigen. Gerade Fachwerkhäuser und Altbauten in Innenstädten sind besonders brandanfällig, da es sich oftmals um die ältesten Gebäude einer Stadt handelt.

Nicht nur viele tragende Elemente, wie Holzbalken, sind bei diesen Häusern aus Holz, sondern auch die Treppenhäuser, die im Brandfall eigentlich als Fluchtwege dienen sollen. Das Fehlen eines Rauchabzuges sorgt außerdem dafür, dass sich das Treppenhaus bei einem Brand binnen Minuten mit giftigem Rauch füllen und zur Todesfalle werden würde.

  • Ein zweiter Rettungsweg ist bei den wenigsten Altbauten vorhanden.
  • Auch Türen und Fenster sind hier häufig aus brennbaren Materialien gefertigt und zusätzlich lackiert und damit ausgezeichnetes „Futter“ für Feuer.
  • Decken und Fußböden sind ebenso aus Holz und nicht selten mit Stroh gedämmt und für Brände somit kein Hindernis.
  • Die geringen Abstände zu Nachbargebäuden und das Fehlen von Brandschutzwänden sind ebenfalls ein großes Problem, da Feuer schnell auf andere Häuser übergreifen kann.

An den oben genannten Beispielen in Quedlinburg und Coburg sieht man, wie schwer es für die Feuerwehr ist, Altbau-Brände auf ein Gebäude zu begrenzen. Enge Gassen und bebaute Innenhöfe machen es der Feuerwehr zudem beinahe unmöglich, geeignete Angriffswege zu finden bzw. optimal an die betroffenen Häuser heranzufahren.

Diese Bedingungen erklären, weshalb alte Häuser nicht selten komplett abbrennen, wenn erst einmal ein Feuer ausgebrochen ist. Der Brandgrund ist häufig auch bei den Gebäudeeigenschaften zu suchen. Denn neben vorsätzlicher Brandstiftung sind es vor allem alte Elektroleitungen und defekte Kamine sowie Reparaturarbeiten oder Blitzschläge, die Brände auslösen. Ziel des Brandschutzes im Altbau muss es also sein,

  • Brände vorzubeugen,
  • entstehende Brände möglichst frühzeitig zu erkennen,
  • eine Ausbreitung zu verhindern und
  • die sichere Rettung von Menschen, Tieren und gegebenenfalls wichtigen Kulturgütern

zu ermöglichen.

Brandschutz im Altbau

Für Altbauten und denkmalgeschützte Gebäude gibt es mehrere Maßnahmen, das Brandrisiko zu minimieren:

  • Hierzu zählen das Behandeln oder Ersetzen brennbarer Baustoffe und die Erhöhung der Feuerwiderstandsklasse der Materialien nach DIN 4102 (Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen),
  • bauliche Sicherung der Rettungswege sowie Schaffung eines zweiten Rettungsweges und einer Feuerwehrfläche,
  • Unterteilung des Gebäudes in Brandabschnitte und Abschottung der einzelnen Wohnbereiche durch Brandschutzwände und Brandschutzdecken,
  • Installation von Rauchmeldern und Feuerlöschern bzw. Brandbekämpfungsanlagen und
  • Modernisierung der Hauselektronik und Heizanlagen.

Hier finden Sie mehr zum Thema baulichen Brandschutz und anlagentechnischen Brandschutz.

Die große Herausforderung bei der Erstellung eines Brandschutzkonzeptes für Altbauten und denkmalgeschützte Gebäude ist, dass dieses möglich schonend umgesetzt wird. Denn gerade bei Löscharbeiten kann manchmal mehr zerstört werden als gerettet wird. Dementsprechend sollte vor allem im Baudenkmal nur mit Wasser gelöscht werden, da Löschpulver und Schaum Kulturgüter beschädigen. Sollen in solchen Gebäuden Sprinkleranlagen installiert werden, empfehlen sich Wassernebellöschanlagen, die einen feinen Wasserdampf erzeugen und mit wenig Wasserdruck arbeiten. Somit wird das Gebäude nicht gleich komplett unter Wasser gesetzt, Brände dennoch wirksam gelöscht.

Wichtig ist auch, dass Experten für die Erstellung und Umsetzung des Brandschutzkonzeptes herangezogen werden. Denn die Anforderungen an den Brandschutz im Altbau sind vielfältig und komplex – ebenso die gesetzlichen Vorschriften. Daraus resultiert, dass viele private Bauherren vorsätzlich oder fahrlässig Fehler beim Nachrüsten machen. Das kann nicht nur zu behördlichen Auflagen, dem Verlust des Versicherungsschutzes und zu finanziellen Extrabelastungen führen, sondern im schlimmsten Fall das Leben der Bewohner gefährden. Eigentümer von Altbauten und denkmalgeschützten Gebäuden sollten sich daher umfassend mit Brandschutz auseinandersetzen und Expertenrat einholen.

Brandschutz ist Denkmalschutz

Umfassende Brandschutzkonzepte für Altbauten und historische Gebäude, die baulichen, anlagentechnischen und organisatorischen Brandschutz umfassen, sind zwar anspruchsvoll, kostenintensiv und erfordern viel Planung, erhöhen aber auch die Sicherheit der Bewohner und garantieren, dass die Gebäude noch lange ihren finanziellen und vor allem kulturellen Wert behalten. Denn es sind gerade die historischen und liebevoll restaurierten Gebäude, die uns alle beeindrucken und die schöne Altstädte ausmachen.

Moderner Brandschutz ist da nur logisch und widerspricht nicht dem Bestandsschutz. Dezente aber dennoch effektive Brandschutzlösungen gibt es viele. Fachkompetenz bei Planung und Verwirklichung ist daher dringend anzuraten. Der Aufwand lohnt sich allerdings, denn Brandschutz ist auch Denkmalschutz.

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5 Antworten zu "Brandschutz im Altbau und in denkmalgeschützten Gebäuden"

Schreiben sie einen Kommentar (neueste oben)

  1. Felix Riedel sagt
    Weniger die sinnvollen Brandschutzauflagen als vielmehr die völlig unberechenbaren Kosten für Gutachten und Architekten verhindern die Sanierung von Altbauten und damit deren Erhalt.
  2. Meyer sagt
    Die Kosten dieser Massnahmen sind unverhaltnismaessig hoch bei Uebernahmen und verhindern Renovierung und Erhaltung und dienen der Enteignung der Alteigentümer. Oder soll ich es übliche Korruption a la Flick nennen? Aber die Frage ist sowieso, was sollen wir mit den Altbauten machen, wer soll die Heizkosten bezahlen? Abreissen, neu bauen. Aber eine Abrissgenehmigung gibt es auch nicht.
  3. Doreen sagt
    Dank für diese hilfreichen Infos. Ich kann Carola nur beipflichten. Die Brandschutz-Sanierungsarbeiten in einem Fachwerkhaus um 1900 erbaut, möchten die wenigsten zahlen. Finanzieren kann und will das niemand. Die meisten bauen gleich neu, wegen der hohen Auflagen. Der Verfall ist vorprogrammiert. Zusätzlich hapert es auch bei der Finanzierung. Die Banken sehen ein Risiko bei historischen Gebäude, da sie mehr Altlasten vermuten – da hilft auch kein Gutachten. Privatleute stehen vor einem großen Problem, sie werden die Immobilie nicht los. Verfall vorprogrammiert. Unser Haus versuchen wir seit 3 Jahren zu verkaufen, es ist noch in einem guten Zustand – die wunderschöne breite historische Holztreppe sieht toll aus. Noch!!!!
  4. Carola Kidd-Root sagt
    Die Argumente fuer Feuerschutz sind alle bestens erklaert. Leider haben diese Bestimmungen aber eine katastrophale Folge die viele Denkmal geschuetze Gebaeude dem Untergang und Verfall erhaltungswuerdiger Gebaeude nach sich zieht. Die Kosten dieser Massnahmen sind unverhaltnismaessig hoch bei Uebernahmen und verhindern Renovierung und Erhaltung und geben damit diese Gebaeude dem Verfall preis da sich damit kein neuer Besitzer finden laesst - will man das ????
  5. Anja Hilmer sagt
    Lösung für einen 2. Fluchtweg beim Dachausbau für denkmalgeschützte Gebäude: Mit dem Rettungsausstieg sellecsystem 1 und sellecsystem 2 kann den Anforderungen der Denkmalschutzbehörde, dem Bauordnungsamt sowie der Feuerwehr entsprochen werden. http://sellecsystem.de/
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